Genauso schwer, wie Kritik schreiben, kann Kritik bekommen sein.
Da hat man viele Stunden Zeit und Mühe in ein Werk investiert, ist stolz darauf und will es der Welt zeigen und erntet dafür eine Kritik, wie z.B. "ändere die Nase", "sieht aus wie Charakter XY", "ist die magersüchtig", "du ahmst nur den Stil XY nach".
Das mancher Zeichner darauf nicht mit Begeisterung reagier ist nicht verwunderlich.
In diesem Bog-Einrag möchte ich mich mit dem Umgang mit Kritik befassen. Dabei spiegelt der Eintrag natürlich nur meine subjektiven Erfahrungen und auch ich habe nicht immer zu 100% angemessen reagiert. Der richtige Umgang mit Kritik ist eine Kunst für sich und sehr situationsabhängig, allerdings geht es mir hier nicht darum jemanden zu sagen, wie er sich zu verhalten hat, sondern neue Blickwinkel zu eröffnen.
Viele Zeichner haben lange geübt um einen gewissen Stil zu entwickeln und sind stolz auf ihre arbeiten. Kritik kann deswegen sehr beleidigend sein und mancher Zeichner nimmt diese sehr persönlich.
Allerdings sollte man als Zeichner bedenken, dass wen man seine Werke im Internet postet, sie
zur Kritik freigibt und es viele verschiedene Geschmäcker und Meinungen gibt.
Oftmals will der Kritiker gar nicht verletzen, sondern helfen und es passiert all zu oft, dass es zum Missverständnis zwischen Kritiker und Zeichner kommt.
Manche Zeichner wurden mit so viel unsachgemäßer Kritik überhäuft, dass sie gar keine Kritik mehr hören wollen. Allerdings kann diese Einstellung als
arrogant aufgefasst werden, denn egal wie gut man ist, ein anderer kann durchaus gute Ideen haben, wie man sein Bild aufwerten kann und kein Zeichner ist unfehlbar.
Es macht also durchaus Sinn für Kritik offen zu sein.
Bitte bedenkt:
1.Du musst nicht jede Kritik annehmen
Manchmal eröffnet uns Kritik einen neuen Blickwinkel auf ein Bild. Kritik generell abzuweisen finde ich falsch, denn man muss nicht jede Kritik annehmen!
2. Kritik kann ungeschickt formuliert sein
Viele Menschen schreiben spontan und machen sich keine Gedanken darüber, wie ihre Kritik auf den Zeichner wirken kann.Viele Kritiker meinen es gut, aber manchmal kommt es falsch rüber. Es kann hilfreich sein nachzufragen, was der Kritiker meint und wie er es meint. Dabei ist ein respektvoller Ton wichtig. Nur weil jemand etwas ruppig formuliert hat, solltest du es ihm nicht mit barer Münze heimzahlen. So schürt man nur Konflikte
3. Niemand liest die Bildbeschreibung
Ja, kaum jemand liest eine Bildbeschreibung richtig. Es kann mehr als nervig sein, wenn man z.B. in die Beschreibung eines Bildes schreibt "das Bein ist zu lang, wird noch ausgebessert" und dann zig Kommentare mit diesem Hinweis bekommt. Bitte behalte in diesem Fall einen kühlen Kopf. Jeder (auch du) überliest mal gerne die Bildbeschreibung. Es ist ärgerlich, aber es wird immer passieren.
4. Du sollst dir nicht jede Kritik zu Herzen nehmen
Man kann es niemals allen Recht machen! Egal, wie viel du an deinem Bild änderst, es wird immer jemanden geben, dem es nicht gefällt und der etwas zu meckern hat. Überlege welche Kritik du umsetzen möchtest und welche nicht
5. Du stehst in der Öffentlichkeit
Als Künstler stehst du in der Öffentlichkeit. Egal, ob du deinen Namen änderst, man wird deine Bilder und deinen Stil wieder erkennen. Deswegen gehe respektvoll und achtsam mit Kritikern und deinen Fans um! Das gilt auch gegenüber Rüpeln - andernfalls könntest du dir auf Dauer einen schlechten Ruf einhandeln.
6. Nicht jeder ist ein Fan
Nicht jeder, der dein Bild sieht, ist ein Fan. Das heisst, es sehen auch eventuell Menschen deine Werke, die deinen Stil gar nicht mögen und deine bisherigen Arbeiten nicht kennen. Sie ein ganz andere Meinung von deinen Werken haben, als deine Fans und das ist okay, schliesslich sind sie keine Fans. Ihre Meinung kann man sich aber trotzdem anhören. Vielleicht erfährt man hilfreiches.
7. Man muss nicht zeichnen können, um ein Bild zu kritisieren.
Ich habe schon öfters gelesen, dass Zeichner sich die Kritik von anderen, die nicht, oder schlechter zeichnen als sie selbst, nicht mal anhören müssen. Selbstverständlich hat ein Profi bestimmt mehr Ahnung von Komposition, Farblehre usw. und sieht eher Fehler, das heisst aber nicht, dass er automatisch in der Lage ist hilfreiche und konstruktive Kritik zu geben. Auch hier hängt es oftmals von der Person ab und man sollte jedem Gehör schenken - ob man die Kritik annimmt, ist natürlich eine andere Sache.
Diese Punkte betreffen natürlich größtenteils konstruktive und hilfreiche Kritik.
Allerdings bekommen wir Künstler auch oftmals negative Kritik, auf die nur schwer freundlich zu reagieren ist.
Meiner Meinung nach gibt es vier Arten von Kritikern, die es nicht schaffen konstruktiv und höflich zu kritisieren
1. Trolle
Diese Form des Kritikers will beleidigend sein. Er zielt darauf zu verletzen und den Künstler zu provozieren. Der Sinn seiner Kritik ist oft fraglich, da er sich nicht dazu äußerst, was und wie der Künstler etwas verbessern kann. Seine Kritik ist meisten haltlos und sollte am besten ignoriert werden. Von ihm stammen Kommentare, wie : Sieht aus wie Charakter XY, wurde geklaut, du kannst nicht zeichnen usw.
2. Der Professor
Kritiker, die glauben alles besser zu wissen. Eigentlich wollen sie nur helfen, sind aber oft belehrend und schießen mit ihrer Kritik weit über das Ziel hinaus. Sie bestehen oft auf ihre Meinung und verlangen, dass der Zeichner ihre Kritik annimmt. Kennzeichend für solche Leute ist, dass sie oft im imperativ schreiben, unqualifiziert Fachsimpeln und wenig Ahnung haben. Sie vergleichen dich auch gerne mit ihren japanischen Lieblingsmangakas und nehmen diese als Maßstab.
3. Der Elephant
Eigentlich jemand, der weiterhelfen möchte, aber es nicht schafft seine Kritik in angemessene Worte zu packen. Von ihm stammen solche Kommentare, wie :"die Nase ist krumm", "stimm nicht", "sieht falsch aus", oder ungefragt (und kommentarlos) Tutorials posten.
Der Elephant schafft es entweder nicht sich richtig zu artikulieren (d.h. auszurücken was nicht stimmt), schreibt im ruppigen Ton oder ist einfach nur beleidigend direkt. Er möchte eigentlich helfen, schafft es aber nicht resepektvoll und konstruktiv zu sein.
4. Der Stilkritiker
Egal, ob man nun einen Stil hat, der dem Stil eines bekannten Zeichners ähnelt oder einen ganz eigenen Stil hat, es gibt immer Menschen, die am Stil des Zeichners meckern. Stil ist etwas, dass der Zeichner immer gleich zeichnet und oft ist diesen Kritikern nicht bewusst, dass der Zeichner diesen nicht ändern wird. Der Stilkritiker schreibt einen gerne vor, wie man seinen Stil zu ändern hat.
Mit Kategorie 1 ist wohl am schwersten umzugehen. Diese Menschen wollen ein verletzen und Aufmerksamkeit bekommen. Sie wollen dich fertig machen und werden alles mögliche versuchen, um dich davon zu überzeugen, dass du unfähig bist. - Am besten ignorieren -
Ein Diskussion/Reaktion endet meist im Shitstorm und mit Aufmerksamkeit gibst du ihnen genau das, was sie wollen.
Auch Kategorie 2 ist schwer zu händeln. Diese Person meint es eigentlich gut, kann sich aber schwer ausdrücken und will unbedingt, dass du seine Kritik annimmst. Oftmals kann ein Funken Wahrheit in der Kritik stecken, der "Professor" ist aber so beharrlich und übereifrig mit seiner Kritik, dass man gerne dazu neigt ihn nicht ernst zu nehmen und sich in Diskussionen verstricken zu lassen.
Wie man damit umgeht, hängt sehr von der Situation ab. Möchte man es friedlich lösen? Möchte man diskutieren? etc.
Mein Tipp ist, dass man am besten die Kritik auf sich wirken lässt und überlegt, ob etwas Wahres an der Kritik dran ist. Man muss nicht jede Kritik annehmen bzw. kann jemand auch zum Teil Recht geben. Kritiker des Professortyps sind oft auf der Suche nach Bestätigung. Viele meinen es eigentlich gut und eine friedliche Lösung kann sein, sich für die Kritik zu bedanken und-wenn man der Meinung ist, dass er Unrecht hat- sie einfach nicht umzusetzen. Man kann auch versuchen zu erklären, warum man die Kritik nicht annimmt, allerdings kann das bei solchen Personen auch zu Shitstorm führen, dann am besten rechtzeitig aus der Diskussion aussteigen.
Kategorie 3 findet man oft im nahen Umfeld, auch unter Zeichnern. Ich erkläre mir diese Form der Kritik oft dadurch, dass die Leute sich Zeit zum betrachten des Bildes nehmen, aber nicht zum kritisieren. Da wird schnell gedankenlos ein Satz gepostet und schnell weiter gescrollt. Meistens meinen es diese Menschen gar nicht böse, wenn man ihre Kommentare hinterfragt kann man manchmal hilfreiche Tipps bekommen. Allerdings stellt sich natürlich oftmals die Frage, warum man sich die Zeit nehmen sollte, sich mit einer Kritik zu beschäftigen, für die sich der Autor selbst keine zeit genommen hat. Entweder man ignoriert solche Sätze oder man fragt (höflich) nach.
Mit Kategorie 4 haben fast alle Zeichner zu kämpfen - entweder wird man als Copycat seines Vorbildes abgestempelt oder man hat einen "sehr eigenen" Stil, der nicht dem allgemeinen Schönheitsideal entspricht. Schönheit liegt im Auge des Betrachters und wichtig ist, dass du selbst mit deinem Stil zufrieden bist. Allerdings solltest du klar Unterscheiden was Stil ist und was falsch ist! Wenn du immer "3 Meter" lange beine malst und sich dieses Maß durch alle deine Bilder zieht, ist es Stil, auch wenn es nicht der Realität entspricht. Variierst du aber ständig die Proportionen, dann hat es wenig mit Stil zu tun. Manche Zeichner rechtfertigen jeden Fehler mit "Stil" . Das mancher Kritiker davon ausgeht, dass etwas falsch ist und nicht Stil , kann verständlich sein, vor allem wenn zum ersten Mal eines deiner Bilder sieht.
Auch hier solltest du einen respektvollen Ton behalten und dir im Klarem sein, dass du dich für einen Stil entschieden hast und es nun mal nicht jeden gefallen kann. Schliesslich musst du nicht jeder Kritik annehmen und wichtig ist, dass die dein Stil gefällt. Jeder Mensch hat das Recht seine Meinung zu äußern, genau wie du das Recht hast in dem Stil zu malen, der dir gefällt.
Jetzt habe ich eine ganze Menge theoretisches über Kritik geschrieben, aber wenig praktische Beispiele genannt. Das hätte aber den eh schon großen Umfang dieses Eintrags gesprengt. Zum Abschluss möchte ich noch zeigen, wie ich mit der Kritik an einem von mir
Zu diesem Bild habe ich viel Kritik bekommen
1. Die Proportionen, vor allem das Gesicht und Kopf stimmt nicht
2. Bänder Haare und Tuch sind unrealisitisch lang
3. das Schwert darf nicht krumm sein
4. Sieht auch wie Inuyasha
1. In diesem Punkt gebe ich meinen Kritikern recht. ich habe viel zeit und Mühe in das Bild investiert, um vor allem perspektive zu üben. Leider habe ich dennoch viele Fehler gemacht und muss das weiterüben.
Diese Kritik habe ich angenommen
2.Bänder und Haare waren ein echtes Diskussionsthema. Natürlich sind dies unrealistisch lang, dass ich diese aber bewusst überzeichnet habe, damit das Bild dynamisch wirkt, wollten einige nicht akzeptieren. Besonders ärgerlich war diese Kritik, weil ich in der Bildbeschreibung darauf hingewiesen habe.
Diese Kritik habe ich nicht angenommen. Ich habe den Kritikern höflich erklärt, warum ich es so gezeichnet habe und es dann dabei belassen.
3. Schwert
Ähnlich wie bei Band und Tuch, hatte ich, damit das Bild dynamisch wirkt, das Schwert sehr überzeichnet. Auch hier gab es wieder Kritiker, die das als völlig falsch empfanden. Hier habe ich es sogar mit einem Kritiker des Typs "Professor"zu tun bekommen, der mir lang und breit erklärt hat, warum es nicht sein kann. Natürlich hatte er teilweise recht. Was ich daraus mitgenommen habe ist, dass es zwar richtig war, das Schwert zu überzeichnen, ich es aber perspektivisch etwas besser hätte lösen können.
4. Ein klassischer Troll. Dieses Kommentar war weder konstruktiv, noch hilfreich. Ich habe es ignoriert.
Ich hoffe, ich konnte euch einige Inputs geben. Vielleicht seid ihr auch völlig anderer Meinung und ich würde mich sehr über Kommentare freuen.